ORTSGESPRÄCHE BERLIN 01.12.2014
Ortsgespräche – Berlinerinnen und Berliner zeigen Orte in der großen Stadt. Ekvidi fotografiert dabei und schreibt die Geschichten auf.
Folge III – Malena Medam
Es war Anfang diesen Sommers in der Nähe der Warschauer Straße in Friedrichshain. Die Nächte waren noch kühl und ich lernte während einer Kneipentour einen netten jungen Mann kennen, der in der Gegend wohnte. Er wollte mir einen schönen Ausblick zeigen und so drangen wir in ein unverschlossenes Haus ein und gingen von dort über den Dachboden und eine Leiter auf das Dach des Hauses. Einen ganzen Straßenzug entlang kämpften wir uns nun über alle Dächer, Abgründe und Zäune, bis wir ganz vor auf ein Hoteldach direkt an der Warschauer Straße kamen.
Es fing zwar an zu regnen, aber wir hatten einen Regenschirm und darüber hinaus Bier dabei und so saßen wir dann da ganz romantisch mit dem Blick über dem leuchtenden RAW-Gelände mit der großen Berliner Discokugel im Hintergrund. Ich spürte in diesem Moment das Berliner Freiheitsgefühl: Diese bunte Vielfalt, das freie Leben, das jeder so sein kann, wie er will und das so viel möglich ist, auch wenn es unkonventionell und abenteuerlich ist. Mittlerweile gibt es in dem Haus, über das wir auf die Dächer kamen, ein neues Schloss an der Dachbodentür. Und auch das Hoteldach ist jetzt mit einem neuen Zaun gesichert und nicht mehr begehbar. Dass in so kurzer Zeit zwei Barrieren errichtet wurden, steht in meinen Augen dafür, wie sich Berlin gerade zubaut und sich selbst der Freiheit beraubt.
Der Mensch
Wenn Malena Medam nicht gerade auf Häuser klettert, arbeitet die studierte Kulturmanagerin bei der Berliner Clubcommission e.V., dem Dachverband der Berliner Club-, Party- und Kulturereignisveranstalter. Ihr Themenschwerpunkt ist Clubkultur im Kiez und die Erhaltung der Free Open Airs.
Der Ort
Das RAW-Gelände beherbergt eine bunte Mischung aus Clubs, Bars, Kunsträumen, Trendsportstätten und lokalen Projekten. Es ist eine der letzten großen Industriebrachen Berlins und daher vor allem bei Berlin-Besuchern hoch im Kurs. Mögliche Neubauprojekte auf dem Gelände und die Gentrifizierung ringsherum gefährden allerdings diesen Kultur- und Ausgehstandort.